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Island vs. Ladakh Ökotourismus: Vergleich nachhaltigen Reisens in großer Höhe

Einleitung – Wenn Nachhaltigkeit hoch hinaussteigt und tief eintaucht

Von nordischen Wurzeln zu himalayischen Höhen

Es gibt Momente, in denen die Stille eines Ortes lauter spricht als jedes Wort. Ich erinnere mich lebhaft an einen solchen Moment: Ich schwebte in den dampfenden Wassern einer isländischen geothermischen Quelle, meine Augen verfolgten den Horizont, wo vulkanische Felsen auf tanzende Nordlichter trafen. Und Monate später empfing mich eine andere Stille – dünn, klar, ehrfurchtsvoll – als ich zum ersten Mal das sonnenverbrannte Plateau von Ladakh betrat. Die Kontraste waren stark. Die Verbindung jedoch war sofort da.

Diese Kolumne entstand aus diesem Kontrast. Island, ein Land, geformt von Eis und Feuer, ist zum Aushängeschild für nachhaltigen Tourismus in Europa geworden, wo grüne Energie auf elegante skandinavische Infrastruktur trifft. Ladakh hingegen ist europäischen Reisenden weniger bekannt, aber nicht weniger bemerkenswert. Eingebettet zwischen den Gipfeln des indischen Himalaya, funktionieren seine Dörfer nicht durch Elektrizität oder Beton, sondern durch Rhythmus, Erinnerung und Sonne. Hier fand ich, was ich für einen der authentischsten Ausdrücke von Höhenökotourismus weltweit halte.

Als Beraterin für regenerativen Tourismus habe ich jahrelang erforscht, wie sich Reiseziele an klimatische Belastungen, wirtschaftliche Herausforderungen und sich wandelnde Reisewerte anpassen. Ich habe gesehen, wie Nachhaltigkeit zum Schlagwort in Broschüren wurde, zum Kästchen auf Buchungsseiten. Aber sowohl in Island als auch in Ladakh ist es etwas ganz anderes. Es wird gelebt. Es ist eine Notwendigkeit. Und es ist tief im Gewebe des Landes verwoben.

Dieser Artikel erkundet diese beiden sehr unterschiedlichen Welten, nicht um zu bestimmen, welche „besser“ ist, sondern um zu verstehen, was jede uns lehrt. Was bedeutet es, ein Ökodorf auf 3.500 Metern zu bauen, das von Solarkocher und Schmelzwasserkanälen betrieben wird? Welche Lektionen kann Ladakh bieten, die Island nicht kann? Und umgekehrt? Indem wir diese Orte als Spiegel hochhalten, können wir entdecken, wie nachhaltiges Reisen wirklich aussieht – jenseits von Branding, Luxus und westlichem Blick.

Wenn Sie ein Reisender aus Paris, Berlin oder Barcelona sind, der eine bedeutungsvolle Verbindung zum Ort sucht – nicht nur die Landschaft – dann ist diese Reise für Sie. Sie ist für jene, die nicht mehr Destinationen konsumieren, sondern sie verstehen wollen. Zum Beginn lade ich Sie ein, hinter sich zu lassen, was Sie über Ökotourismus zu wissen glauben. Ob Sie von Islands geothermischer Anmut oder Ladakhs solarer Weisheit angezogen werden, Sie werden erleben, wie Nachhaltigkeit radikal unterschiedliche Formen annehmen kann – beide inspirierend, beide essenziell.

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Island – Das Labor der natürlichen Energie

Geothermische Anmut und ökologische Logik

Island ist in vielerlei Hinsicht eine Grenznation – nicht im kolonialen Sinn, sondern in der unerbittlichen Umarmung der Extreme der Natur. Hier brodelt das Land knapp unter der Oberfläche, und die Menschen haben längst gelernt, mit dieser geothermischen Kraft partnerschaftlich zu leben. Als Reisender ist das Eintauchen in eine heiße Quelle, umgeben von schneebedeckten Lavafeldern, mehr als entspannend – es ist erhellend. Man fühlt sich nicht als Besucher, sondern als willkommener Teilnehmer an den tiefen Prozessen der Erde.

Das Land produziert über 99 % seines Stroms aus erneuerbaren Quellen, hauptsächlich Geothermie und Wasserkraft. Das ist nicht nur ein Triumph der Technik – es ist eine Philosophie des Zusammenlebens. Städte wie Hveragerði und Mývatn nutzen natürliche Wärme, Gewächshäuser leuchten wie Laternen in den langen arktischen Nächten. Selbst die Gehwege in Reykjavik sind beheizt, nicht aus Luxus, sondern um den Salzverbrauch zu reduzieren und Flussökosysteme zu schützen. Hier wird grüne Infrastruktur elegant und essenziell zugleich.

Für europäische Reisende aus städtischen Zentren, die noch mit der Dekarbonisierung kämpfen, fühlt sich Island wie eine hoffnungsvolle Postkarte aus der Zukunft an. Es ist ein Ort, an dem ökobewusster Tourismus Hand in Hand mit Umweltpolitik gewachsen ist, nicht trotz, sondern wegen ihr. Hier ist die Fahrt mit dem Elektrobuss zum Gletscher keine Marketingmasche – sie ist Standard. Nachhaltigkeit ist im Reiseerlebnis fest verankert.

Gemeinschaftsgeführt, staatlich unterstützt

Was Island auszeichnet, sind nicht nur seine natürlichen Ressourcen – es ist, wie das Land sie nutzt. Von Nationalparks bis zu privat geführten Öko-Lodges gibt es ein klares Muster: Dezentralisierung, Transparenz und Vertrauen. Die Regierung fördert nachhaltige Praktiken durch Anreize und öffentliche Bildung, aber Entscheidungen über das Wachstum des Tourismus kommen oft von den Gemeinden selbst. In Ísafjörður traf ich eine junge Führerin, die leidenschaftlich davon sprach, touristisches Interesse an Walbeobachtungen mit dem Meeresschutz in Einklang zu bringen. Ihr Einkommen hing vom Überleben des Ökosystems ab. Ebenso ihre Identität.

Diese Ausrichtung von Regierung und Basis ist ein Modell, das nur wenige Länder perfektioniert haben. Es stellt sicher, dass nachhaltiges Reisen in Island kein abstraktes Konzept ist – es ist persönlich. Und das hat mich wohl am meisten beeindruckt: Wie Isländer sich nicht nur für ihr eigenes Land verantwortlich fühlen, sondern auch für ihre Rolle als Hüter von etwas viel Größerem – einer Idee vom Norden, die sauber, ruhig und gemeinschaftlich gepflegt wird.

Die nordische Minimalismus-Philosophie

Eine Reise durch Island lehrt Zurückhaltung. Die Schönheit ist überall, aber sie schreit nicht. Sie summt – durch Basaltklippen, moosbedeckte Täler, in der Art, wie ein Pferd seinen Kopf bei fernem Windgeräusch hebt. Dieser Minimalismus, diese stille Kohärenz spiegelt sich im Nachhaltigkeitsansatz des Landes wider. Lodges sind niedrig und lang gebaut, um sich in den Horizont einzufügen. Die Innenräume sind schlicht, funktional, fast streng. Es gibt keinen Überfluss, und das fühlt sich ehrlich an.

Islands Version von Ökotourismus bedeutet nicht, alles zu bieten – es bedeutet, genug zu bieten. Genug Wärme, genug Licht, genug Verbindung, um geerdet zu sein, ohne auszubeuten. Als Reisender wird man ermutigt, die Landschaft nicht zu konsumieren, sondern mit ihr zu koexistieren. Es ist eine Lektion in Präsenz und Demut, die ich mit auf die Weltreise nahm, in die ebenso tiefgründige – aber völlig andere – Welt von Ladakh.

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Ladakh – Nachhaltigkeit aus Notwendigkeit geboren

Überleben in großer Höhe als ökologische Weisheit

Das erste Mal, als ich in einem Dorf in Ladakh aufwachte, war das Licht golden, nicht in der Farbe, sondern im Charakter. Es kam geräuschlos, gefiltert durch einen staubfreien Himmel, badete die Lehmmauern und stillen Höfe mit einer Reinheit, die alles verdient erscheinen ließ. Auf über 3.500 Metern Höhe gedeiht das Leben nicht leicht. Es überlebt. Und aus diesem Überleben ist eines der still beeindruckendsten Modelle von Höhenökotourismus entstanden, das ich je erlebt habe.

Im Gegensatz zu Island, wo ökologisches Design oft schlank und hightech ist, ist Ladakhs Nachhaltigkeit intim und handgemacht. Die Dorfbewohner verwenden Trockentoiletten nicht, weil es modern ist, sondern weil Wasser zu kostbar ist, um verschwendet zu werden. Häuser sind aus Stein, Stroh und sonnengetrockneter Erde gebaut, ihre dicken Wände isolieren sowohl gegen Sommerhitze als auch Winterkälte. Passiv-solare Architektur ist hier kein Konzept, das in Seminaren besprochen wird – sie ist in der Tradition verankert.

Vielleicht ist die erstaunlichste Innovation der Eis-Stupa: ein von Menschenhand geschaffenes Gletscher-Kunstwerk, das das Schmelzwasser des Winters in hohen kegelförmigen Formationen speichert und es im Frühling langsam freigibt, um Felder zu bewässern. Erfunden vom lokalen Ingenieur Sonam Wangchuk, sind diese Stupas sowohl poetisch als auch praktisch – heilige Formen, die Leben retten. Ich besuchte im späten April einen nahe Phyang, wo sein langsamer Tropfen einen blühenden Obstgarten nährte. Die Botschaft war klar: Anpassung kann schön sein.

Homestays statt Hotels – Das wahre Gesicht verantwortungsvollen Reisens

In Ladakh wohnte ich nicht in Hotels, sondern in Häusern. Echten Häusern, wo Großmütter dir eine Tasse Buttertee reichen, bevor du überhaupt deinen Rucksack abgestellt hast. Diese ökologischen Homestays sind nicht für Touristen aufpoliert. Es gibt keine Handtuchschwäne oder Begrüßungsmints – nur Wärme, Demut und gelegentlich ein Ziegenblöken vor deinem Fenster.

Eine Nacht in Turtuk, einem Balti-Dorf nahe der pakistanischen Grenze, teilte ich das Abendessen mit einer Familie, die zwei freie Zimmer zu Gästequartieren umgebaut hatte. Wir aßen Aprikosen-Eintopf und Gerstenbrot bei Solarlicht. Sie erzählten mir von Wetteränderungen, der Bedeutung lokaler Samen und ihrer Entscheidung, kein WLAN zu installieren, damit ihre Kinder mit der Erde und nicht mit einem Bildschirm verbunden aufwachsen. Hier verstand ich wirklich, was gemeinschaftsbasierter Tourismus bedeutet. Kein Produkt, sondern eine Partnerschaft.

Europäische Reisende, die an kuratierte Erfahrungen gewöhnt sind, finden dies vielleicht roh, sogar irritierend. Aber das ist sein Geschenk. Es fordert deine Präsenz. Es bittet dich, langsamer zu werden, die Rhythmen von Kochen, Ruhen und Zuhören neu zu erlernen. Dabei wirst du Teil einer Geschichte, die größer ist als du selbst – eine Geschichte der Resilienz, die diese Dörfer seit Generationen trägt.

Spirituelle Ökologie und der Rhythmus des Landes

Nachhaltigkeit in Ladakh ist nicht nur technologisch oder landwirtschaftlich – sie ist spirituell. Jeden Morgen im Dorf Alchi beobachtete ich einen alten Mönch, der den Tempel mit Gebetsmühle in der Hand umrundete und Mantras murmelte, so stetig wie das Schmelzen eines Gletschers. Er tat dies nicht für Touristen. Er sorgte für das Gleichgewicht.

Diese Verbindung von Ökologie und Spiritualität ist tief bewegend. Felder werden erst gepflügt, wenn Rituale den Boden segnen. Ernten werden gemeinschaftlich geteilt. Feste richten sich nach Mondrhythmen. Hier herrscht das stille Verständnis, dass das Land nicht Eigentum ist, sondern geliehen. Dass nichts, nicht einmal Wasser, garantiert ist.

Wenn Island eine Lektion technologischer Harmonie mit der Natur ist, dann ist Ladakh eine Meditation über gegenseitige Abhängigkeit. In der Stille dieser Hochplateaus fühlte ich etwas, das ich nur als ökologische Demut beschreiben kann. Das Gefühl, dass Überleben heilig und Einfachheit Stärke ist. Auch das ist Nachhaltigkeit – nicht in Klassenzimmern gelehrt, sondern vom Wind geflüstert, von Ältesten praktiziert und barfuß mit offenem Herzen gegangen.

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Vergleichende Einblicke – Was uns diese Länder lehren

Tabelle: Ladakh vs Island im nachhaltigen Tourismus

Um Ladakh und Island zu vergleichen, müssen wir zunächst zugeben: Diese Länder sind nicht parallel. Das eine ist arktisch, das andere transhimalaya. Das eine ist vulkanisch aktiv, das andere von längst verschwundenen Gletschern geformt. Und doch konvergieren ihre Ansätze zur Nachhaltigkeit auf erhellende Weise. Um dies klar zu sehen, habe ich eine Tabelle erstellt – nicht um diese reichen Kulturen auf Zahlen zu reduzieren, sondern um ihre Unterschiede als Lektionen zu zeigen.

Kriterien Island Ladakh
Energiequelle Geothermie, Wasserkraft Solar, Eis-Stupas, Mikro-Wasserkraft
Höhe 0–2.000 Meter 3.000–5.000 Meter
Tourismus-Infrastruktur Hochentwickelt Minimal, gemeinschaftsgeführt
Kulturelle Immersion Moderat (optional) Hoch (unvermeidlich)
Tourismus-Typ Luxus-Öko-Lodges, geführte Touren Dorf-Homestays, partizipatives Leben
Saisonaler Zugang Ganzjährig Meist von Mai bis Oktober

Die Tabelle erleichtert den Vergleich. Doch jenseits von Kategorien und Metriken liegt etwas Bedeutenderes: eine geteilte Philosophie der Präsenz. An beiden Orten ist Nachhaltigkeit nicht dekorativ – sie ist funktional. In Island kommt die Wärme von unter deinen Füßen. In Ladakh wird die Wärme in dicken Lehmmauern gespeichert, die von der Sonne gesammelt wird.

Kontraste im Klima, Konvergenzen im Bewusstsein

Während Island mit modernstem Design und staatlich geförderten grünen Initiativen beeindruckt, besticht Ladakh durch angestammte Techniken, die von Zeit und Notwendigkeit verfeinert wurden. Beide Ansätze sind gültig. Beide zeigen, wie Menschen in rauen Klimazonen leben können, ohne ihnen zu schaden. Aber das Bewusstsein – ah, das Bewusstsein ist der Punkt, an dem sie sich treffen.

In diesen Regionen herrscht eine Stille, die dich verändert. In Island kommt sie von der langsamen Bewegung der Gletscher, der Pause bevor ein Geysir ausbricht, der Stille eines schwarzen Sandstrandes. In Ladakh ist sie im Rhythmus der Gebetsfahnen, dem langsamen Köcheln von Linsen, dem Schweigen, das nach dem Sonnenuntergang hinter endlosen Bergrücken folgt. An beiden Orten dehnt sich die Zeit. Du wirst gebeten, sie nicht zu füllen, sondern zu fühlen.

Für den europäischen Reisenden – sei es ein ökobewusster Deutscher, niederländischer Radfahrer oder französischer Suchender nach Authentizität – bieten diese Ziele zwei Wege, darüber nachzudenken, was es bedeutet, sanft auf dieser Erde zu leben. Der eine neigt zur Innovation, der andere zur Tradition. Doch beide laden ein, mehr zuzuhören, weniger zu konsumieren und mit Demut anzukommen.

Nachhaltigkeit ist also nicht nur eine Politik oder Praxis. Es ist eine Geisteshaltung. Ob sie im vulkanischen Boden oder Bergstein geschmiedet ist, sie entsteht aus der Erkenntnis, dass das, was die Erde uns gibt, nicht grenzenlos ist. Und dass Dankbarkeit – ob im Kloster geflüstert oder in eine geothermische Leitung eingebaut – unsere nachhaltigste Tat ist.

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Reflexionen eines Erstbesuchs in Ladakh

Was Island mich über das klare Sehen von Ladakh lehrte

Als ich in Leh ankam, außer Atem von der Höhe und in geliehene Wolle gehüllt, konnte ich nicht anders, als mich als Außenseiterin zu fühlen – neugierig, wachsam, aber distanziert. Es dauerte Tage, bis mein Atemrhythmus sich fand, bis meine Sinne langsam genug wurden, um die Dinge zu bemerken, die Ladakh bemerkenswert machen. Doch interessant war, dass mich meine vorherigen Reisen nach Island auf unerwartete Weise auf diesen Ort vorbereiteten.

In Island hatte ich gelernt, Stille zu beobachten – nicht nur zu hören, sondern in sie einzutreten. Ich hatte gelernt, die Natur führen zu lassen, ohne sie zu unterbrechen. Und in Ladakh tauchte diese gleiche Ethik wieder auf, jedoch in einem anderen Dialekt. Die Stille hier ist nicht kalt und vom Wind verweht, sondern sonnengewärmt und voller Atem. Das Land isoliert nicht – es hört zu. Und so müssen auch wir.

Am meisten beeindruckte mich, wie Ladakh seine Werte still lebt. Es gibt keine Schilder, die „ökofreundlich“ oder „grün zertifiziert“ schreien. Doch jede Ecke des Dorflebens spricht von Bewahrung – weil Bewahrung nichts ist, das sie begonnen haben. Es ist etwas, das sie nie aufgehört haben. Von solarbetriebenen Häusern bis zu der Art, wie Aprikosenkerne für Winterfeuer wiederverwendet werden, wird alles sorgfältig genutzt. Das ist kein Tourismus mit Botschaft – das ist ein Leben mit Integrität.

Wenn Island mir gezeigt hat, wie Menschen sich ihren Weg in die Harmonie mit der Natur erfinden können, dann erinnerte mich Ladakh daran, dass solche Harmonie auch geerbt und wie eine Linie geschützt werden kann. Für den europäischen Besucher ist das demütigend. Wir suchen oft Lösungen durch Innovation. Ladakh bietet etwas Älteres: Kontinuität. Nicht, weil sie sich nicht verändert haben, sondern weil sie wissen, was sie nicht verändern sollen.

Die Zukunft des regenerativen Reisens ist hier – und sie ist hoch

In Europa wächst eine Bewegung – besonders unter jungen Reisenden in Deutschland, den Niederlanden und Skandinavien – hin zu dem, was wir „regeneratives Reisen“ nennen. Es geht über Nachhaltigkeit hinaus. Es fragt: Wie kann mein Besuch einen Ort besser hinterlassen, nicht nur unberührt? Wie kann ich mehr zuhören als fotografieren, mehr geben als nehmen?

Ladakh bietet eine einzigartige Antwort. Nicht in transaktionaler Weise – es gibt keine Workshops mit dem Titel „Zurückgeben“ oder kuratierte „lokale Immersions“-Programme. Stattdessen kommt das, was man von Ladakh empfängt, langsam, und nur, wenn man lange genug bleibt, um es zu verdienen. Ein Morgen, an dem man auf dem Feld hilft. Ein Abend, an dem man Stille im Kloster teilt. Ein Kind, das dir eine getrocknete Aprikose ohne Worte reicht. Das sind keine Instagram-Momente. Sie sind echt.

Wenn Sie aus Europa kommen mit dem Wunsch, an der Zukunft des Reisens teilzuhaben, schauen Sie nach Ladakh – nicht nur als Reiseziel, sondern als Mentor. Es mag nicht die Infrastruktur Islands haben, aber es besitzt etwas selteneres: eine Weisheit, verwurzelt in Höhe, Widrigkeiten und erstaunlicher Gastfreundschaft. Man besucht Ladakh nicht, um die Zukunft zu sehen. Man besucht es, um sich daran zu erinnern, was wir vergessen haben.

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Praktische Tipps für umweltbewusste Reisende

Packen für Ladakh vs. Island

Einer der häufigsten Fehler, den ich bei europäischen Reisenden sehe – mich selbst eingeschlossen – ist die Annahme, dass alle Ökodestinationen dieselbe Art von Vorbereitung erfordern. Tun sie nicht. Island und Ladakh vertreten beide Nachhaltigkeit, aber ihre Klimata, Höhenlagen und Infrastrukturen erfordern unterschiedliche Arten der Vorbereitung.

In Island brauchen Sie wasserdichte Schichten, winddichte Jacken und thermische Unterwäsche – selbst im Sommer. Die Kälte ist nass und plötzlich, und der Zugang zu Wanderwegen kann sich je nach Wetterlage drastisch ändern. Handschuhe, Merinosocken und wiederverwendbare Steigeisen sind kluge Ergänzungen für diejenigen, die sich außerhalb von Reykjavik wagen.

Ladakh hingegen bietet eine trockene Kälte in großer Höhe. Bringen Sie starken Sonnenschutz mit: SPF 50 Sonnencreme, UV-blockierende Sonnenbrillen und einen breitkrempigen Hut. Warme Kleidung ist unerlässlich, aber der Schwerpunkt liegt hier auf Isolierung statt Wasserdichtigkeit. Denken Sie an geschichtete Thermounterwäsche, eine gute Daunenjacke und Wollsocken. Und egal zu welcher Jahreszeit, bringen Sie eine wiederverwendbare Wasserflasche mit Filtersystem mit – Hydration in der Höhe ist unverhandelbar.

Vor allem packen Sie mit der Absicht, keine Spuren zu hinterlassen. Islands Moosfelder und Ladakhs heilige Quellen sind empfindlich und regenerieren sich langsam. Biologisch abbaubare Toilettenartikel, Stofftaschen für Einkäufe und minimale Verpackungen zeigen Respekt für die Ökosysteme, die Sie betreten.

Die richtige Wahl von Homestay oder Öko-Lodge

In beiden Regionen reicht die Unterkunft von luxuriös bis rustikal. Das Wichtigste für den umweltbewussten Reisenden ist nicht immer, das grünste Label zu wählen, sondern die ethisch integrierteste Erfahrung.

In Island suchen Sie nach Lodges, die vom Nordic Swan Ecolabel zertifiziert sind oder an lokalen CO2-Kompensationsprogrammen teilnehmen. Fragen Sie aber auch, wie sie mit den umliegenden Gemeinden zusammenarbeiten, ob ihre Lebensmittel lokal bezogen werden und wie sie Abfallmanagement betreiben. Eine wunderschön gestaltete Öko-Lodge verliert an Bedeutung, wenn sie Avocados per Flugzeug importiert.

In Ladakh sind Zertifizierungen selten. Stattdessen spricht Authentizität durch Verhalten. Servieren Gastgeber in Homestays selbst angebaute Gemüse? Nutzen sie Solarwasserheizer oder traditionelle Methoden zum Heizen? Werden Sie ermutigt, an den Rhythmen des täglichen Lebens teilzuhaben oder auf Distanz als Tourist gehalten?

Denken Sie daran, echte Erfahrungen in Ökodörfern finden Sie nicht in Hotelbroschüren – sie entstehen in Gesprächen, geteilten Momenten und gemeinsamem Lernen. Wählen Sie Orte, an denen Ihre Anwesenheit beiträgt, nicht stört.

Schließlich nähern Sie sich diesen Gemeinschaften immer mit Demut. Sie sind nicht nur Besucher – Sie sind ein temporärer Gast im Ökosystem und in der Geschichte von jemandem. Je respektvoller Sie reisen, desto reicher wird Ihre Erfahrung sein.

Fazit – Zwischen Feuer und Eis, Stille und Gesang

Es gibt Reisen, die beeindrucken – und dann gibt es Reisen, die prägen. Meine Zeit zwischen Island und Ladakh gehört zur letzteren Kategorie. Diese zwei Landschaften, geschmiedet von gegensätzlichen Elementen – das eine von Feuer, das andere von Eis – spiegeln sich irgendwie über Kontinente hinweg. Beide sind wild. Beide sind heilig. Und beide verlangen etwas von Ihnen, bevor sie ihre Wahrheit offenbaren.

In Island lernte ich, die Kraft der Natur zu bewundern. Die explosive Kraft der Geysire, den stillen Atem der Gletscher, die geräuschlose Schönheit von Lavafeldern, die sich im Nebel erstrecken. Nachhaltigkeit dort ist systemisch – kalkuliert, präzise, ein Triumph grüner Regierungsführung und Technologie. Es brachte mich dazu, zu respektieren, was gebaut werden kann, wenn Absicht auf Innovation trifft.

Aber in Ladakh fand ich etwas Ruhigeres – und vielleicht Tieferes. Hier wird Nachhaltigkeit nicht konstruiert. Sie wird geerbt. Sie zeigt sich in der Art, wie Wasser gespeichert, Nahrung geteilt und Gebete nach dem Mond getaktet werden. Sie muss nicht vermarktet werden. Sie ist kein Merkmal – sie ist ein Rhythmus. Das Lied einer kalten Wüste, sanft gesungen durch Aprikosenbäume und vom Wind gezeichnete Gompas.

Für Reisende aus Europa bieten beide Ziele einen Spiegel. In Island sehen wir die Zukunft, die wir zu gestalten versuchen – eine Zukunft von Effizienz und Kontrolle. In Ladakh erhaschen wir das, was wir vielleicht vergessen haben – eine Vergangenheit von Balance, Zuhören, weniger. Und dazwischen sind wir – schwebend zwischen Bequemlichkeit und Gewissen, sehnend danach, nicht nur weiter, sondern auch sinnvoller zu reisen.

Ich verließ Ladakh mit vom Wind verbrannten Wangen und einem Tagebuch voller Fragen. Und ist das nicht das Zeichen eines würdigen Reiseziels? Dass es einen leicht verändert, sanft beunruhigt, liebevoll neu ausrichtet. Zwischen Islands Feuer und Ladakhs Stille fand ich etwas, das sich wie Wahrheit anfühlte – nicht laut, nicht dringend, aber beständig.

Möge Ihre nächste Reise Ihnen nicht nur die Welt zeigen, sondern Ihnen helfen, sie wieder zu hören.

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Über die Autorin

Ursprünglich aus Utrecht, Niederlande, lebt sie jetzt am Stadtrand von Cusco, Peru, wo sie regenerative Tourismusprojekte in fragilen Ökosystemen weltweit berät.

Mit 35 Jahren bringt sie über ein Jahrzehnt Erfahrung in der Zusammenarbeit mit indigenen Gemeinschaften, Klimawissenschaftlern und ethischen Reise-Startups mit. Ihr Schreiben verbindet akademische Einsichten mit emotionaler Tiefe – und bietet den Lesern eine analytische und zutiefst menschliche Perspektive.

Sie kam dieses Jahr zum ersten Mal nach Ladakh, und ihre Sichtweise ist erfrischend scharf. Als Neueinsteigerin bringt sie die Klarheit mit, die nur ungewohnte Augen bieten können – indem sie diese abgelegene Himalaya-Region ständig vergleicht, hinterfragt und mit größeren globalen Narrativen verbindet.

Ob sie nun über Eis-Stupas in Ladakh oder geothermische Lodges in Island schreibt, ihr Werk wird von einer zentralen Frage angetrieben: Wie können wir so reisen, dass wir Orte mehr ganz, nicht mehr hohl zurücklassen?